Das ist ein Text, der jetzt gleich für die taz-Ausgabe von morgen, Mittwoch, produziert wird. Alle, die Lust haben, ihn vorab zu kommentieren oder zu ergönzen oder soinstewas sollen das JETZT tun. Ich werde das als Redakteur dann ggfs einbauen. Bitte zögert nicht, die deadline ist 13:50 Uhr, das Layout wird in ca zwei Stunden gemacht, bis dahin sollten comments da sein. [Es gilt die Öffentlichkeit-1.0-Regel: Je kürzer, prägnanter und schneller, desto wahrscheinlicher.]

PS: Überflüssig zu sagen, Farb- und Layout-Kommentare, Hinweise auf Anführungsstriche sowie Besserwisserei werden leider nicht berücksichtigt 

Neues Konferenzformat | Beim Bregenzer Kongress des Archivs der Zukunft machen Edu-Hacker ein zweite Konferenzstrecke auf: Ein Barcamp, das jedes Angebot zur Wahl der Teilgeber stellt

INTERVIEW MIT DEM BREGENZER BARCAMPMACHER GUIDO BROMBACH VON CHRISTIAN FÜLLER

taz: Herr Brombach, Sie veranstalten ein Barcamp im Kongress Arche Nova. Barcamp – das hört sich an wie Zeltlager mit Barbetrieb.#

Brombach: Nein, kein Sorge wir zelten nicht. Und Bar hat in diesem Fall nichts mit Kir-Royal oder Whiskey-Sour zu tun, sondern ist der Begriff für einen Platzhalter in der Programmiersprache. Bar steht für das Gegenteil von Foo. #

Das verstehe ich nicht. #

Die Foo-Camps waren elitäre Konferenzen zu denen Tim O’Reilly, der Erfinder des Begriffs Web 2.0 Teilnehmende für einen kreativen Austausch eingeladen hatte, Foo wie „Friends of O’Reilly“. Foo ist aber auch bei der Programmierung ein häufig gebrauchter Platzhalter, genau wie Bar, das aber für unelitär steht, für offen. In einem Barcamp bedeutet Bar: Jeder kann kommen – und etwas anbieten. Wer also Bar mit welchem Inhalt füllt, hängt von Inspiration und Engagement der Betroffenen ab. Aber nicht davon, ob irgendeine Kongressleitung zentral festlegt, was gemacht wird. [Und was nicht, vgl z.B. „Der Kongress darf nicht über sexuelle Gewalt schweigen„] #

Verunsichert es Interessierte nicht, wenn sie gar nicht wissen, was stattfindet?#

Die Leute aus der Web2.0-Szene verunsichert das gar nicht. Beim Kongress der Schulreformer um Reinhard Kahl wird man sehen, was passiert. Wir versuchen die eventuellen Unsicherheiten gegenüber dem Barcamp bewusst zu mindern – zum Beispiel können die Kongressbesucher bei uns bereits jetzt sehen, wer welche Themen anbieten will. So weit ist der offizielle Bregenzer Kongress („Programm“) nicht. #

Welche Idee steckt hinter einem solchen „Bar“-Format?#

Normale Konferenzen unterdrücken gewissermaßen Themen, die man in der Leitung aussortiert, weil sie angeblich keinen interessieren. Bei uns ist das anders, angebotsorientiert. Die Leute stellen erst sich und dann ein Thema vor – dann ergeben sich Veranstaltungen von zwei bis 40 Leuten. Und zwar in ganz unterschiedlichen Formen – von Vortrag halten bis Theaterspielen ist alles denkbar. Wir setzen der Fantasie der Leute keine Grenzen. #

Was geschieht, wenn an einem angeboten Thema keiner Interesse hat?#

Das kommt erstens so gut wie nie vor. Und wäre zweitens schade für den Anbieter – aber da muss er durch. Es gibt einen Barcampbereich, wo sich die Leute versammeln, die Pause machen, eine Session verlassen oder ähnliches. #

Zwischen indigenen Barcampern und normalen Kongressbesuchern stehen so komplizierte Dinge wie Etherpad, Mixxt oder Twitterwalls. Ist es eigentlich Absicht, dass sich die Web2.0-community mit spanischen Dörfern davor abschirmt, verstanden zu werden?#

Nein, das ist kein Abschrecken, sondern ganz normal für eine soziale Innovation. Jede Community entwickelt eine eigene Sprache. In diesem Falle handelt es sich ja gerade um Instrumente, die es dem Barcamp-Teilnehmer ermöglichen zu sehen, was in den Seminaren läuft oder gelaufen ist. Die Twitterwall ist inzwischen verbreitet: Es ist soetwas wie ein Gedächtnis der wichtigsten Sätze oder Thesen durch die Teilnehmer. Und zugleich eine parallele Meta-Ebene – also eine Art Kommentierungsleiste, auch für Leute draußen. Das Etherpad ermöglicht es, Protokolle oder Zusammenfassungen über die 140 Twitter-Zeichen hinaus zu dokumentieren und die Nicht-Anwesenden mit einzubeziehen. #

Wie orientiert sich ein Barcamper vor Ort?#

Er kommt um zehn Uhr zur Eröffnungssession. Dort lernt er alle anderen Teilgeber kennen. Denn Teilnehmende gibt es auf einem Barcamp nicht. Vor Ort werden dann die Räume und Zeiten bestimmt, an denen die Sessions stattfinden.#

Gibt es da irgendwelche Regeln?#

Ja, die Vorstellungsgrunde ist eher minimalistisch: Man sagt nur seinen Namen und drei Stichworte – also: Guido Brombach, DGB-Bildungswerk, Edu-Hacker, digitale Medien. Oder Christian Füller, taz, Neues-Lernen-Autor, Pisaversteher. In der zweiten Runde erzählen die Leute, was sie machen wollen – diesmal bisschen ausführlicher, aber immer noch knapp. Darauf achtet der Moderator. Die Idee ist, Appetit auf das Thema zu machen, über das man mit anderen sprechen will. #

Welche Themen gibt es bisher?#

Das Spektrum reicht weit, vom Schulbuch der Zukunft bis Selbst-Kompetenz. Von Jonglieren bis Lernen ohne Noten. #

Wo können unschlüssige Gäste einsehen, was denn mit hoher Wahrscheinlichkeit angeboten wird. #

Es gibt einen Link http://openetherpad.org/barcampbregenz, wo man die bisherigen Angebote sehen kann. Aber was wirklich aufs Tapet kommt, sieht man am Freitag um 10 Uhr. Das Barcamp selbst geht dann von 11 bis 16 Uhr, am Samstag gibt es das gleiche nochmal zum normalen Kongress. #

Pardon, ist das dann noch Barcamp?#

Strenggenommen nicht, deswegen nenne ich es auch open space. Aber, das Potenzial ist dennoch groß. Stellen sie sich vor, jemand sagt – nur als Beispiel – , ich widerspreche dem, was der Gerald Hüther da gerade auf der großen Bühne erzählt hat. Ich bitte ihn und andere zu einem Workshop ins Barcamp ein. Dann können sie das machen. Eine reflexive und kritische Strecke zum Hauptkongress.#

Wie viele Leute haben bislang für das Barcamp Interesse bekundet? #

111 Anmeldungen gibt es. Wer noch mitmachen will, kann sich da noch eintragen… #

… muss aber erst beim ADZ-Kongress seine – teure – Anmeldung abgeben. Irgendwie das Gegenteil von „jeder kann kommen“!#

Ja, das ist ein kritischer Punkt. Wir sind tatsächlich nur offen für Kongressteilnehmer der Arche Nova. Das sind zwar immerhin 1.500 Leute, die sich einen Ausflug nach Bregenz plus Kongressgebühren geleistet haben. Aber wir gehen dieses Risiko bewusst ein. Wir wollen das Format zum ADZ nach Bregenz tragen.