Pisaversteher klärt exklusiv anhand eines internen Dokuments über die Funktionen der Sprach-KI (Schnittstelle) der Länder auf. FWU und Titanom wollen trotz Verspätung Fähigkeiten erst explorieren – obwohl längst klar ist, was eine schulfähige KI können muss
Das ist wirklich kein guter Start für die Sprach-KI der Bundesländer. Sie wurde vor drei Wochen mit der Ansage verkündet, dass das Tool noch im Februar zugänglich sein werde. Nun ist es Februar, und endlich wird anhand eines internen Dokuments klar, wie die Sprach-KI heißen soll – Telli. Und was sie kann. Das scheint allerdings nicht so viel zu sein – und vor allem immer noch nicht klar zu sein.
„Diese Features würden Sinn machen. Ich kenne aber nicht die genaue Roadmap vom FWU.“
Auf Anfrage antwortete Geschäftsführer Andrija Vuksanovic zu den – in den Augen vieler Lehrkräfte – Pflicht-Funktionen KI-Assistent, CustomGPT, Bildgenerierung und speicherfähige Chat-Historie: „Es würde aus meiner Sicht Sinn machen solche Features mit aufzunehmen. Ich kenne aber nicht die genaue Roadmap vom FWU.“ Soll das heißen, zwischen dem FWU und Titanom gibt es keine klaren und abgesprochenen Ziele? Wird das Projekt möglicherweise viel länger als bis Februar dauern?
FWU stellt Telli auf Didacta vor
Die FWU will Telli kommende Woche auf der Didacta vorstellen. Pisaversteher liegt ein Dokument vor, in dem ziemlich genau beschrieben ist, was Telli können soll.
Die einzelnen Schritte der Fortentwicklung sollen zwar agil anhand von Nutzertests gegangen werden. Allerdings ist das in diesem Fall ein merkwürdiges Verfahren: die Sprach-KI der Länder kommt ohnehin viel zu spät. Und Nutzertests gibt es draußen in der Welt der KI-Lehrkräfte ohne Ende.
Die LehrerInnen der Bundesrepublik, die sich seit November 2022 auf Künstliche Intelligenz spezialisiert haben, wissen ganz genau, welche Features eine Sprach-KI der Länder braucht.
Wenn die FWU und Titanom nun aber wieder neu herausfinden wollen, was LehrerInnen eigentlich brauchen, dann fragt man sich: Warum nicht auf die breiten Erfahrungen der KI-Schulen und die ersten wissenschaftlichen Evaluierungen zurückgreifen, wenn man eh schon hoffnungslos zu spät ist? Warum das Rad noch mal neu erfinden?
Was kann Telli?
Die Telli zugesprochenen Fähigkeiten sind folgende (mit den entsprechenden Kurzkommentaren in Klammern als Säzza-Bemerkungen)
- Chat-Anwendung mit einem intuitiven Interface (Siehe Foto; Kommentar: jeder Chatbot von allen LLM hat diese intuitive Oberfläche)
- greift auf verschiedene LLM zu (machen alle guten Angebote auf dem Markt auch)
- „Innovatives Lizenzmodell“: „Alle User [erhalten] ein festgelegtes Kontingent an sogenannten ‚Telli-Points’, was einer maximalen Anzahl an Wörtern (bzw. „Tokens“) entspricht, die von Telli generiert werden können… Schlussendlich werden nur die tatsächlich genutzten Tokens den Ländern abgerechnet, anstatt pauschale Lizenzkosten für alle Nutzenden zu erheben, unabhängig von ihrer tatsächlichen Nutzung.“ (Mag sein, dass das innovativ ist, aber dieses Modell wird viele Länder abschrecken, denn die Länder sind sehr sparsam. Sie jetzt erfahren, dass Telli sie auf – wenn auch innovative Art – viel Geld kostet.)
- „telli wurde speziell für den schulischen Einsatz konzipiert und wird Lehrkräfte bei der Unterrichtsvorbereitung, der Erstellung von Übungsaufgaben und dem Austausch über pädagogische Ansätze unterstützen.“ (Es ist der Broschüre nicht zu entnehmen, was damit gemeint ist.)
- Schülernutzung: „Darüber hinaus kann telli unter der Kontrolle und Steuerung der Lehrkraft direkt im Klassenzimmer von Schülerinnen und Schülern genutzt werden“ (Das wäre echt wichtig. Allerdings gibt es auch dieses Feature jetzt bereits auf dem Markt.)
- „Vorkonfigurierte Chats für den Unterricht: Lehrkräfte können den Chat so konfigurieren, das er ausschließlich innerhalb eines vorgegebenen Themenbereichs agiert und gezielt auf bestimmte Lernziele hinarbeitet.“ (Das ist cool – aber auch das können die Marktführer Fobizz und SchulKI.)
- „Exportfunktion: Konversationsverläufe können direkt als Word-Dokument exportiert werden, um Ergebnisse und Diskussionen zu dokumentieren.“ (Wichtig – und eine Selbverständlichkeit)
CustomGPT, Spracheingabe, Bildanalyse
Hauke Pölert beschreibt die Fähigkeiten einer Sprach-KI ganz gut. „Über zwei Jahre nach dem Erscheinen von ChatGPT sollte eine neue (für den Steuerzahler vermutlich teure) Plattform uns Lehrkräften doch zumindest die Möglichkeiten bieten, die auch ChatGPT & Co. bereitstellen: Also multimodale Fähigkeiten wie Bildgenerierung und Bildanalyse, das Erproben von CustomGPTs, vor allem aber die Nutzung einer datenschutzkonformen und funktionalen Spracheingabe analog zum voice mode von ChatGPT, der im Unterricht aller Fächer großartige Möglichkeiten für Sprechtraining, Feedback und Lernbegleitung bietet.“
Der Chatbot wird vom FWU betrieben, sodass weder Lernende noch Lehrkräfte eine eigene Nutzungslizenz finanzieren müssen.
Was die Sprach-KI kann, hört sich in der Zusammenfassung bescheidener an – und zugleich angeberischer: „Telli ist ein KI-gestützter Chatbot, der speziell für den schulischen Kontext entwickelt wurde, ähnlich wie ChatGPT, jedoch angepasst an die Anforderungen von Lehrkräften und Schülern. Der Chatbot wird vom FWU betrieben, sodass weder Lernende noch Lehrkräfte eine eigene Nutzungslizenz finanzieren müssen. Telli verarbeitet sämtliche Eingaben datenschutzkonform nach DSGVO-Standards und verfügt über spezielle Sicherheitsfeatures, die im Bildungskontext essenziell sind.“
Es ist nicht näher erklärt, was „Entwicklung für den schulischen Kontext“ eigentlich bedeuten soll. Und welche Anforderungen von Lehrkräften und Schülern Titanom meint. Pisaversteher hat bei Titanom angefragt. Wieder einmal.
