Mit Beginn des Schuljahres 2025/26 stellt die Mehrheit der Bundesländer Künstliche Intelligenz für die Schulen bereit. Damit holen die Länder den Vorsprung der Schüler auf.

Laurenz und Maximilian Thümmler sind nicht gerade die typischen KI-Unternehmer, wie man sie sich gemeinhin vorstellt. Laurenz, 16, ist ein ausgezeichneter Pianist. Konrad, der lieber Tennis spielt, ist erst 13 Jahre alt. Die beiden besuchen das Hermann-von-Helmholtz-Gymnasium in Potsdam und haben etwas Außergewöhnliches geschafft: Sie haben eine KI-Anwendung programmiert. Schüler können darin ihre eigenen Mitschriften hochladen – und erhalten dann einen individuell zugeschnittenen Lernpartner.

Damit sind die beiden Brüder schneller als ihr eigenes Bundesland. Brandenburg beginnt gerade erst damit, seinen Schulen eine generative KI zur Verfügung zu stellen. Das Tool heißt Telli und wurde vom Medieninstitut der Länder in München entwickelt. Es steht den Lehrkräften des Landes zur Verfügung, kann aber per QR-Code auch von Schüler:innen genutzt werden.

Der Wettlauf zwischen den Thümmler-Brüdern und ihrem Heimatland steht sinnbildlich für den Umgang mit KI an deutschen Schulen. Bisher galt die Regel: „Die Schüler machen längst Hausaufgaben mit KI – die Länder warten ab.“ Mit Beginn des neuen Schuljahres ändert sich das schlagartig, wie eine Abfrage von Pisaversteher in den Bundesländern zeigt. Eine ganze Reihe von KultusministerInnen wird – wie Brandenburg – Telli als Sprach-KI für ihre Schulen einführen. Bis zur Mitte des Schuljahres werden voraussichtlich 13 von 16 Bundesländern ihren Lehrkräften und Schülern eine KI zum Lernen bereitstellen.

Ein Überblick über die KI-Tools in den Schulen der Länder in der Reihenfolge ihrer Einführung:

Mecklenburg-Vorpommern war der KI-Pionier unter den Bundesländern. Schon im September 2023 schaffte es Fobizz an. Das Tool des Hamburger Fortbildungs- und KI-Hauses kann nicht nur Texte generieren, sondern bietet drei weitere stark nachgefragte Funktionen:
* Lehrkräfte können Bilder erstellen
* Lehrer können mit Material-Generator „to_teach“ Arbeitsblätter, Quizze oder Unterrichtschoreografien erstellen
* und die Pädagogen können die integrierte Feedback-Funktion nutzen. Die ermöglicht es, Schülertexte anhand der pädagogischen und fachlichen Kriterien, die die Lehrkraft zuvor bestimmt und der KI gepromptet hat, automatisch kommentieren zu lassen.

Bayern ist diesmal nur bei den Lehrkräften Klassenprimus. Bereits 2023 stellte der Freistaat einen KI-Chatbot für seine 127.000 Lehrerinnen und Lehrer bereit, um die Unterrichtsvorbereitung zu erleichtern. Für die Schüler wurde ein KI-Budget eingerichtet: Jede Schule kann die KI-Lösung ihrer Wahl anschaffen. 50 Schulträger entschieden sich für Fobizz, den „KI-Supermarkt“ aus Hamburg.

Rheinland-Pfalz war nach Mecklenburg das zweite Bundesland, das eine KI-Landeslizenz für alle Schulen einführte – Anfang 2024. Auch dort kommt Fobizz zum Einsatz.

Berlin gehört ebenfalls zu den Vorreitern – wenn auch auf datenschutzrechtlich wackligen Beinen. Vor einem Jahr führte die Hauptstadt für Lehrkräfte die KI Microsoft Copilot ein, die in Kooperation mit dem Marktführer OpenAI bereitgestellt wird. Die Datenschutzbeauftragte des Landes prüft den Einsatz seit knapp einem Jahr. Das dürfte ein Grund dafür sein, dass auch Berlin auf Telli umsteigen wird. Bei nächster Gelegenheit.

Bremen war das erste Bundesland, das – noch vor den Sommerferien – Telli flächendeckend für Lehrkräfte und Schüler anschaffte. Mit dem Tool lassen sich Texte per Prompt-Auftrag generieren. Lehrkräfte können Materialien im PDF-Format hochladen und die KI so als Fachberater nutzen. Schüler dürfen das Tool ebenfalls verwenden – allerdings nur, wenn die Lehrkraft es freigibt.

Brandenburg folgt als zweites Bundesland mit der Einführung von Telli, das seit vorgestern für Lehrer offen ist. Die KI bezieht ihre Fähigkeiten aus großen Sprachmodellen wie ChatGPT, Llama, Mistral oder Teuken. Bildgenerierung ist in Brandenburg jedoch nicht erlaubt. Parallel dazu existiert bereits die Schüler-KI der Thümmler-Brüder.

Sachsen-Anhalt setzte früh auf eine eigene Lösung: den KI-Chatbot emu-KI, der auf ChatGPT basiert. Zusätzlich läuft ein Pilotprojekt mit dem Feedback-Tool FelloFish. Damit erhalten Schüler:innen Kommentare, Korrekturen und Hinweise zu ihren eingereichten Texten. Auch hier Telli läuft Telli seit dieser Woche landesweit.

Sachsen verfügt noch über keine KI-Lösung für Schüler. Lehrkräfte können jedoch das landeseigene Tool KAI zur Unterrichtsvorbereitung nutzen. Auch Sachsen gibt jetzt Telli frei.

Hessen will Telli dann zum 1. Oktober bereitstellen. Bisher gab es dort keine KI-Lösung an Schulen.

Schleswig-Holstein arbeitete bislang nur in einem kleinen Schulversuch mit KI. Nach den Herbstferien soll dann Telli landesweit eingeführt werden.

Hamburg wird künftig zwei KI-Lösungen anbieten: Berufliche Schulen nutzen bereits Fobizz, die allgemeinbildenden Schulen erhalten im laufenden Schuljahr Zugang zu Telli, wie ein Sprecher ankündigte.

Saarland hat sich noch nicht entschieden, ob es Telli oder Fobizz einführen wird. Da die Prüfungsordnung für den KI-Einsatz bereits angepasst wurde, dürfte eine Einführung an den 250 Schulen des Landes bald erfolgen.

Thüringen hatte bislang ebenfalls keine KI im Einsatz, plant aber die Einführung von Telli.

Baden-Württemberg gehört zu den Nachzüglern. Erst 2026 soll es eine landesweite KI-Lösung geben. Aktuell gibt es nur das kleine Pilotprojekt Fair-Chat. Kultusministerin Theresa Schopper (Bündnis 90/Die Grünen) will eine einheitliche Lösung anschaffen – entweder Telli oder Fobizz. Im Südwesten wird es jedoch definitiv bis nächstes Jahr dauern, bis KI flächendeckend in die Schulen kommt.

Niedersachsen tut sich ebenfalls schwer mit der landesweiten Einführung. Derzeit wird zum zweiten Mal getestet, ob KI an Schulen überhaupt sinnvoll ist. Favorit ist auch hier Telli, doch ob das Tool noch in diesem Schuljahr kommt, ist unklar.

Nordrhein-Westfalen geht ähnlich vor wie Niedersachsen. Es testet mehrere KI-Varianten, darunter FelloFish. 25 Schulen nehmen an dem Projekt teil. Im Verlauf des Schuljahres soll Telli an allen 5.400 Schulen eingeführt werden. Auch Microsoft könnte noch ins Gespräch kommen. Der Konzern spendierte dem Land kürzlich eine KI-Fortbildung für 200.000 Lehrkräfte.