Die Schulbuchverlage präsentieren ihr digitales Bücherregal, aus dem sich Lehrer, Schulen und Eltern mit Lehrwerken bedienen können. Der Nachteil: In dem Portal www.digitale-schulbuecher.de gibt erst mal nur Printversionen, die ins Netz kopiert wurden. Alle avancierten und wichtigen Funktionen wie Filme oder Töne und kooperative Erweiterungen sind bisher nicht im Angebot.
Ehrlich gesagt ist bisher überhaupt nichts im Angebot. Denn derzeit sieht man lediglich eine preview-Version. Ab dem Schuljahr 2012/13 ist die Seite dann so freigeschaltet und das System so weit, dass man wirklich Bücher kaufen kann. Im preview-book-store auf der Messe didacta kann man rund 40 Bücher aller beteiligten 27 Verlage begutachten. Es sind ins Netz kopierte Versionen, bei denen einige einfache Funktionen der Bearbeitung möglich sind. Hyroglyphische Anmerkungen oder Abblendungen etwa.
Die Idee ist, so Martin Hüppe, der digitale Frontmann von Cornelsen, „für den digitalen Wildwuchs bei der Technologie im Klassenzimmer einen einheitlichen Standard zu setzen.“ Das bedeutet: Die Plattform enthält Angebote aller Schulbuchverlage, die mitmachen wollen. Und die Angebote sollen auf allen Geräten und Betriebssystemen laufen, die auf dem Markt sind. (Außer Linux, was noch keinen Kundenstatus habe, weil Schulen kaum Linux-Betriebssysteme aufweisen.) Die Schulbuchverlage insgesamt haben folgendes Ziel laut Hüppe: „Wir verstehen uns nicht als Drucker, sondern als Lösungsanbieter.“
Warum sind die derzeit zu sehenden digitalen Schulbücher in Wahrheit online-Versionen des gedruckten Buches? Da kam richtig Wallung in die Bude. Offenbar mussten die Verlage, die schon mehr können, also auch mit Filmen, Ton und Bildern angereicherte „Bücher“ auf zwei Nachzügler warten: 1) Auf die anderen Verlage, die bremsen. „Sicher wird es Verlage geben, die ihre Printprodukte so ins virtuelle Regal stellen, wie sie heute sind.“ Das sagte einer der Leute auf dem Podium, und sein Igittigitt war deutlich zu spüren. 2) Auf die Lehrer: „Wir haben auch komplexe Produkte im Angebot, natürlich“, sagte Martin Hüppe. „Aber die Lehrer haben diese Angebote oft nicht angenommen. Wir haben jetzt erstmal einen Schritt zurück gemacht.“
Können Schüler eigene Kapitel an die Bücher anbringen – und sie zurück ins Regal stellen? Das gibt es bislang nicht, sagte einer. Und Martin Hüppe ergänzte sofort: „Wenn diese Funktion verlangt wird, dann werden wir sie liefern. Unser Maßstab ist der Kunde, aber bisher ist die Nachfrage nach so einer Funktion noch nicht an uns herangetragen worden.“
Das Resumee durfte eine Lehrer aus NRW sprechen, der Fortbildung für das Lernen2.0 anbietet: „Man hat den Eindruck, dass es sich um digitale Varianten ihrer gedruckten Bücher handelt.“
So ist es. Mehr gibt es bis dato nicht zu vermelden von den Schulbuchverlagen als Verband auf der größen Bildungsmesse Europas.
Äähhh, welche Angebote haben Lehrer nicht angenommen???
Die man auf dem Preview nicht klicken kann?
Wo gab es die Angebote und war der „Vertrieb“ so kostspielig, dass man es lieber in den Mülleimer verschoben hat?
[@ciffi – inline – nun ja, die Verlage HATTEN EBEN SICH KOMPLEXE „BÜCHER“ UND DIE VERKAUFTEN SICH NICHT. also: diese Kritik schießt knapp daneben – was aber auch vorbei ist…]
Inline meinen Kommentar ohne Anmerkung zu kommentieren ist auch irgendwie guttenbergsch…
Ja, auch wenn die Kritik daneben ist, trotzdem die Frage: Wo sind diese vielen komplexen Produkte? Beispielsweise für den gewerblich technischen Bereich in der Berufsbildung? Ich beobachte schon ein wenig, was auf dem Markt los ist und habe da von den Schulbuchverlagen nicht wirklich was eigenständiges gesehen (lass mich gerne eines besseren belehren).
Wenn man sich mit den Schulbuchverlagsvertretern unterhält/ unterhiet, dann kam immer genau dieses Argument, es gäbe keine Interessenten. Aber das ist wohl eher eine self-fulfilling prophecy…
Es ist auch nicht ohne Grund, dass man beispielsweise im Kfz-Unterricht der BBS gerne mit den CBT der Autohersteller/ Zulieferer arbeitet. Von den Verlagen gibt es eben nix, außer vielleicht rudimentären, plattformgebundene (aufs OS bezogen) „Arbeitsblatterstellungsprogramme“, die keinerlei Freiheit lassen. Dass es geht, zeigen Verlage wie „Technik und Medien“, der schon vor Jahren das gebracht haben, was gebraucht wird.
Und nur mal so nebenbei, auch wenn ich mich damit bei den web 3.0-Lehrern und new-learning-Fachleuten unbeliebt mache… Ich wäre froh, wenn ich nur endlich mal meine Bücher als pdf-Version hätte (ohne besonder App, die mich wiederum einschränkt). Aber das ist eben das Problem wie überall mit der Content-Industrie. Es gibt eben bis auf wenige Ausnahmen gar nix am Markt. Nicht mal das nahe liegende (wie eben ein stinknormals pdf), was zum Beispiel bei dem kleinen Verlag Handwerk und Technik schon ewig (wirklich ewig) möglich ist. Im Übrigen gibt es genug Apps, um Anmerkungen in pdf’s zu machen und zu verschlagworten, Seiten einzufügen etc. – da braucht es keine Bildungsmedienapp.
Na klar kann man weit mehr raus holen, als nur Gewichtsersparnis in der Tasche… Multimediale Inhalte integrieren, Adaptieren besonderer Unterrichtskonzepte usw. Aber bevor ich mein Auto mit ner Klimaanlage ausstatte, sollte es erstmal straßentauglich sein. Und die Vorgehensweise jetzt ist doch nur ein Aufblasen der alten porösen Weinschläuche.
Dann bitte an den genannten Beispielen orientieren. Die großen Verlage nutzen aber ihre Stellung als Platzhirsch aus, bewegen sich in ihren Produkten so gut wie gar nicht. Neue und innovative Produkte (oder Umsetzung dessen, was auf der Hand liegt; Stichwort CBT, Simulationen,…) werden ignoriert, weil die trägen Schulen und Lehrer eh die seit Jahren eingeführten Bücher teuer von den Schülern bezahlen lassen.
Ich stimme also dem Artikel insgesamt zu, nur die Aussage, die komplexen Produkte der Verlage seien von den Lehrern nicht angenommen worden und daher gehe man jetzt den Schritt zurück, scheint mir schlecht recherchiert…
Ich erwarte von den Verlagen, dass sie den Lehrern Möglichkeiten bieten, Inhalte aus Büchern universell zu nutzten (Beispiel Europa-Verlag, da gibt es Abbildung zur Verwendung auf der Buch-CD). Schulbücher sollten im pdf angeboten werden (Beispiel Handwerk und Technik; Bücher werden als Fachnachschlagewerk bestehen bleiben, da hilft auch Wikipedia nicht).
Ergänzend sollen und können Programme wie (um ein Beispiel zu nennen) die Lektor-Reihe von Technik und Medien im Fokus der Entwicklung stehen.
Natürlich ist meine Sicht extrem auf bbs und technische Bereiche gepolt, aber ich denke das lässt sich in ähnlicher Form auch auf andere Bereiche übertragen.
In diesem Sinne. Auf die Zukunft