Was haben digitales Lernen2.0 und individuelles Lernen in Reformschulen miteinander zu tun? Und warum wir keine Himmelbetten ohne Bauanleitung brauchen
refresh and republish eines alten Inputs, gehalten bei den Lernkulturtagen im Dresdner Hygienemuseum

Alle sprechen darüber. Keiner kommt daran vorbei. Egal ob der reaktionäre Realschullehrerverband oder die linke Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Von der grünen Bildungsministerin aus NRW, Sylvia Löhrmann, bis zu ihrem bayerischen CSU-Pendant Ludwig Spaenle verwenden sie den Begriff. Der Blockbuster der Bildungsdebatte ist: das individuelle Lernen.
Das galt im Jahr 2012, als die Urform dieses Textes erschien. Aber jetzt, im Jahr 2015, mitten im heißen Herbst eines Un-/Konferenz-Dauerfeuers, haben sich die Umrisse des individuellen Lernens nochmal erweitert. Nun spricht die Community nur noch vom digitalen Lernen, und zwar nicht nur die Lehrerblogger, sogar die Politik und die Industrie wittern den Trend, um ihr jeweiliges Kapital daraus zu schlagen.
Tabletlehrer und Classroom-Flipper
Digitales Lernen zu definieren ist noch ein wenig komplexer als beim individuellen Lernen, nur eins ist klar: das individualisierte Lernen der Reformschulen ist konstitutiver Teil des digitalen Lernens. Hinzu kommt: kollaboratives Lernen und Lernen mit kreativen multimedialen Anwendungen. Denn die digitalen Geräte bringen ja nicht nur Vernetzung mit sich, sondern Filme, Mindmaps, Prezis, Visualisierung, Tonaufnahmen, Games, Quizzes usw. usf.

(Vieles von dem wird – hoffentlich – zu sehen sein, wenn sich Tabletlehrer und Classroom-Flipper in Berlin treffen, um mit Schülern ihre digitalen Tools zu zeigen und zu testen. Von Smartphones im Englischunterricht über Tablets als Dokumentenkameras bis zu digitalem Storytelling.)
Was ist dieses individuelle Lernen? Wieso ist es zum neuen Leitmotiv geworden? Und gibt es nicht allen Grund, den Begriff und seine pädagogische Wirklichkeit zu erkunden – wenn das Label eine so überragende Bedeutung bekommen hat?
Individuelles Lernen bedeutet: Jeder Schüler lernt in seiner Geschwindigkeit, in seiner Eigenart. und die Lerngruppe bliebt trotzdem prinzipiell zusammen. Digitales Lernen gibt Schülern neue Möglichkeiten von Kooperation, Kreativität und Individualität.
Das individuelle Lernen ist anders als sein Gegenstück, der Frontalunterricht, kein Marsch im Gleichschritt. Es ist kein zwingend gleichzeitiges Abarbeiten von Lernzielen, bei dem sich die Geschwindigkeit notwendig immer an ein mittleres Publikum richtet: und eine Reihe langsamer lernender Schüler abhängt und bestraft; und ein Gruppe potenzieller Schnellerner langweilt.
Frontalunterricht hat großen PR-Vorteil: er ist simpel
Diese PR-freundliche Einfachheit ist ein unbestreitbarer Vorteil des Frontalunterrichts, genauer: für seine Propaganda. Und dennoch ist auch das ständig vorgetragene Mantra des indviduellen/digitalen Lernens auf seine Art eine Fassade. Ein Wolkenkuckucksheim, das in der Realität teilweise nur mit Mühe eingeführt werden kann. Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klaffen erhebliche Lücken. Das individuelle Lernen in seiner hochpotenten Endstufe erreicht die Masse der Schulen noch nicht. Dafür gibt es verschiedenste Gründe, und von denen soll hier die Rede sein: Inkompatibilität, Inkompetenz, Inakzeptanz und – das ist das schlimmste – eine gefährliche Mischform aus allen drei.
Meine These lautet daher:
Der Schritt von der „Feuerzangenbowle“ zu den „TreibhäusernLernbüros der Zukunft“ ist keine cineastische Frage, sondern Ergebnis eines gemeinsamen Umdenkens:
- Lehrer müssen ihren (jahrhundertealten) Sortierauftrag vergessen
- Eltern mit dem Klassenkampf aufhören und offen für das Neue sein
- Politiker nachhaltig Rahmenbedingungen setzen
Das alles gilt, wenn wir das individuelle Lernen wollen; wollen wir es? Warum wollen wir es?
Ich will es. Und dafür gibt es drei Gründe: (ausgeführt, Siehe unten)
No 1: Die weit verbreitete finstere Realität der ganz normalen Regelschule und ihrer Didaktik.
No 2: Die Tatsache, dass bereits seit 100 Jahren alternative Lern- und Lehrformen praktiziert werden
No 3: Das sich rasend schnell ausbreitende Motto des Lernen2.0 mit kollaborativen Web-Tools
Vom Lernen1.0 zu 2.0 dauert es acht bis 15 Jahre
Warum führen wir, wenn die Ergebnisse des Lernens1.0 so schlecht und die Welt des Lernens2.0 so rosarot ist, dann nicht einfach 2.0 ein? Weil anders als bei einem Betriebssystem Lernen2.0 nicht einfach hochgeladen werden kann. Schulen sind komplexe soziale Systeme, die nicht neu installiert, kurz abgeschaltet und wieder hochgefahren werden. Lernen2.0 ist deswegen kein simples Update der Buchschule, es ist eine komplette Neuinstallation. Und, was die Propagandisten weder des pädagogischen noch des digitalen Lernen2.0 verraten: Nach 1.0 kommt 1.1 bis 1.10, 11, 12 – und dann erst kommt 2.0. Der Schritt zum Lernen2.0 dauert also keine logische Sekunde, wie immer getan wird, sondern es braucht acht bis 15 Jahre.
Und das auch nur, wenn alle Beteiligten mitspielen. Aber das tun sie nicht.
Genauer: Sie tun es (allenfalls an einer konkreten Schule) unter Anleitung einer charismatischen starken Rektorenfigur, die möglich macht, unterstützt von einem engagierten Lehrerteam und, nicht selten, gestützt von einem zukunftsfreudig eingstellten solidarischem Umfeld. (Eltern, Wirtschaft, Gesellschaft) Und: sie benötigen, mindestens, die Tolerierung durch eine vielschichtige Administration. Letzteres konnte man 2012 über das Lernen in Reformschulen sagen. Heute ist das anders: digitales Lernen benötigt aktive Förderung, Finanzierung, Fortbildung – aber keine Schulverwaltung, die die Arme vor dem Ärmelschoner verschränkt.
Kahls Filme sind wie Himmelbetten ohne Bauanleitung
Wer auf einem der vielen EduCamps war oder einen der betörenden Filme von Reinhard Kahl sieht, und zwischendurch jauchzt und jubelt, dem sei gesagt: Es ist ein wichtiges und schönes Bild, das die Lehrernerds und Kahl zeichnen – aber es ist noch nicht die fertige Realität, sondern immer noch eine Utopie des Lernens. Jede Schule muss sich ihr individuelles Lernen gewissermaßen selbst erkämpfen, und das ist übrigens immer mit mehr Engagement, mehr Arbeit und mehr Verzicht verbunden.
Es wird – irgendwann – freilich mit einem enormen Gewinn an Lernfreude und positiven Lebensenergien belohnt. Bei Kahls Kongressen ist es verpönt „aber“ zu sagen und es ist geradezu verboten, zu jammern. Beim #EdChatDE ist das ganz ähnlich: Es gilt der Flow-Gedanke, Kritiker sind nicht erwünscht. Das hat einen gewissen Charme für die ungestörte Konstruktion einer utopischen Idee. Aber es birgt auch die Gefahr der praktischen Enttäuschung, die bespielsweise auftritt, wenn der Ikea-Kunde immer das Himmelbett vor Augen hat, das er sich gerade gekauft hat, aber die Kartons und die Bauanleitungen erst noch studieren muss. Der Vorteil: Ikea-Möbel haben eine Bauanleitung – Kahl-Filme haben sie nicht und auch Lehrerkongresse in Digitalien nicht.

Da ändert sich allerdings langsam was. Das Nutzertreffen der Lernplattform in Bremen (itslearning) etwa war ein riesiger Praxisworkshop mit vielen didaktischen Einzelbeispielen. Auch der Kongress ExcitingEdu arbeitet nicht mit Ideen, sondern vor allem mit guter Praxis. Die besten Web2.0-Lehrer aus ganz Deutschland kommen nach Berlin, um mit Schülern zu arbeiten und (neue) Didaktiken und Werkzeuge zu testen.
Drei Gründe, warum das Lernen2.0 kommen wird
No 1: Die weit verbreitete finstere Realität der Stino-Schule, der ganz normalen Regelschule und ihrer Didaktik.
Die Ergebnisse der gegliederten Schule und ihres Benotungs- und Sortiersystems sind kein Vergnügen. Sie sind im Gegenteil ein demokratisches, demografisches und arbeitsmarktpolitisches Risiko. Von Chancengleichheit kann keine Rede sein. Ein Land wie die Bundesrepublik kann es sich nicht leisten, durch negative Ausleseeffekte Zigtausende Schüler ohne Abschluss aus den Schulen zu entlassen, 400.000 Schüler in so genannten Förderschulen einzusperren und fast eine Millionen Schüler in niedere Schulformen zu stecken. In diesen demotivierenden differenziellen Lernmilieus werden Schüler am Lernen mehr gehindert als gefördert: Man spricht zurecht von Unterschichtsfabriken.
Ich erspare mir, die Ergebnisse der – von den Kultusministern absichtlich unterdrückten – Baumertstudie und viele andere Risikoschülerstatisiken vorzutragen und verweise nur auf einen für jeden einsehbaren Skandal: Seit der ersten Pisastudie vor zehn Jahren ist es nur in drei von 16 Bundesländern (in ingesamt drei gemessenen Domänen) gelungen, mehr Spitzenschüler als Risikoschüler zu produzieren: Sachsen, Thüringen und Bayern. Das ist untragbar, und dieses Ergebnis ist eng mit der der so genannten „Lernmethode“ der Lehr- und Stundenplanschule verbunden.
No 2: Die Tatsache, dass bereits seit 100 Jahren alternative Lern- und Lehrformen praktiziert werden, die allerdings erst in jüngerer Zeit zu einer durchgearbeiteten Pädagogik geführt haben: dem individuellen Lernen. Wir finden heute in ca. 200 bis schätzungsweise 300 deutsche Schulen individuelles Lernen in ausgebauter Form vor. Dort ist ein – relativ komplexes – neues Lernarrangement zu beobachten, das dem einzelnen Schüler viel mehr individuelle Freiheiten lässt und seine intrinsische Motivation erheblich anspornt. Die Ergebnisse dieser Schulen sind beachtlich. Sie sind in der Negativbilanz viel weniger schlecht, sie sind in der Positivbilanz vor allem durch überragende Einzelleistungen und durch ein – gefühlt – höheres Selbstbewusstsein gut.
No 3: Das sich rasend schnell ausbreitende Motto des Lernen2.0 mit kollaborativen Web-Tools
Zu der Gruppe derer, die das individuelle Lernen propagieren, hat sich in den letzten drei bis fünf Jahren eine Gruppe von digital natives und Lehrer-Bloggern gesellt, die das Lernen2.0 auf ihre Fahnen schreiben. Die Prinzipien sind die gleichen, wobei die Nerds Individualität und Kollaboration als die ureigensten Sekundärtugenden des Web2.0 ansehen: Das Netz erhöht die kreativen und produktiven Fähigkeiten des Individuums – jedermensch kann heute binnen wenigen Minuten einen intelligenten (oder bekloppten) BlogBeitrag auf einem handelsüblichen Smartphone herstellen, multimedial ausschmücken und ihn mit ein paar Bildschirmberührungen für die ganze Welt sichtbar machen. Das heißt, er kann seine originelle Leistung sehr schnell mit sehr vielen teilen – und sie von einem hochintelligenten (und teilweise komplett bescheuerten) Kollektiv veredeln lassen. Oder sich von ihm beschimpfen, stalken und beschämen lassen. (kollaborative oder Schwarmintelligenz vs. Shitstorm)
Der Übergang von Lernen1.0 nach Lernen2.0 ist von Lisa Rosa in einer Matrix festgehalten worden, ihr seht sie hier unten – sie stammt aus diesem Beitrag Lisas auf ihrem alten Blog)
tl; dr – the negative stuff
Die drei am weitesten verbreiteten Probleme lassen sich unter Inkompatibilität, Inkompetenz und Inakzeptanz fassen:
Inkompatibilität bedeutet, dass das Lernen2.0 ein ganzes Arrangement von aufeinander abgestimmten Bausteinen braucht – sonst geht es nicht: Die Kernelemente sind
- Abschaffung des vorgeschriebenen Kollektiv-Lehrplans zugunsten von individuell gestaltbaren Wochenplänen und/oder Logbüchern
- Abschaffung der 45-Minutentakte zugunsten längerer Zeitphasen, die bis zu sechswöchigen Großprojekten reichen
- Abschaffung bzw. Auflösung der Fächer zugunsten eines Sets von Lernformaten wie Lernbüro, Projekt, Werkstatt etc.
- (Weitgehende) Abschaffung von zentralen Tests mit Noten zu dezentralen „Prüfungsformen“ wie Präsentation etc. mit alternativen Bewertungen wie Lernentwicklungsberichten sowie Personalgesprächen
- Transformation der Lehrerrolle vom steuernden Wissensträger und -vermittler hin zum Moderator, Lernbegleiter und Arrangeur von Lerngelegenheiten: mehr Pädagogik (weniger Fachwissen?)
Interessant ist: Ich habe viele solcher Schulen besucht, und ich habe noch kein 1:1-identisches Arrangement an Lernformaten gesehen. Der riesige PR- und Implementationsvorteil des Frontalunterrichts ist: Jeder versteht sofort, was gemeint ist, weil es jeder erlebt bzw. erlitten hat und weil es auch ein simples Arrangement ist.
Die Feuerzangenbowle ist entzückend und Dr. Pfeiffer alias Heinz Rühmann versteht jeder. Kahls Filme sind entzückend, aber didaktisch versteht man sie nicht, jedenfalls nicht vom bloßen Ansehen.
Oder in der Fußballsprache: Manndeckung versteht jeder sofort! Eine Viererkette aber ist ein komplexes Modell, das von Spielern und Zuschauern ein höheres Maß an Intelligenz erfordert. Womit wir beim zweiten Problem sind:
Inkompetenz
Nicht wenige Lehrer sagen wahlweise, sie könnten den neuen Unterricht nicht bzw. sie glaubten nicht, dass er funktioniert. Es ist egal, ob das eine Tatsache oder Faulheit ist, das Problem ist real. Teilweise verabschieden sich 30 bis 40 Prozent der Lehrerkollegien innerlich oder äußerlich von dem neuen System: Sie verweigern sich oder sie gehen. Das ist für jedes Kollegium ein schwerer Schlag bei der Umstellung. Stellen sie sich vor, sie spielen ein 4:3:3-System und das Mittelfeld besteht darauf, weiter Manndeckung zu praktizieren.
Inakzeptanz
Das neue Lernen hat drei bitterböse Gegner – die Eltern, die Politiker, die Lehrerverbände – und einen völlig überdrehten Lautsprecher: die Presse. Alle vier sind konservativ eingestellt, alle vier sind jederzeit bereit, mitten im Verfahren den ganzen Betrieb lahmzulegen. Es ist, als wenn sich die Familie darauf geeinigt hätte, das Lamm im schonenden Niedertemperaturverfahren zu garen – und alle paar Minuten rennt jemand an den Ofen und dreht auf 220 Grad.
Was können wir nun tun, um das individuelle Lernen erfolgreich in den Schulen einzuführen? Und ist es überhaupt der richtige Weg?
Mit diesem Text über individuelles Lernen ist es dir meiner Meinung nach gelungen sowohl die ungerechten Verhältnisse als auch die essentiellen Verhaltensherausforderungen des deutschen Schulsystems zu beschreiben-
und zwar sehr differenziert, fundiert UND in leicht verständlicher Bildersprache.
Herzlichen Glückwunsch! Das hast Du einigen PädagogInnen voraus!
Du berücksichtigst nämlich folgendes:
1. Lernen ist immer individuell. Zwar natürlich auch kollaborativ, denn wir sind soziale Wesen und so auch angelegt, dennoch konstruiert sich jeder Mensch aus seinen Eindrücken seine Hypothesen über die Welt. Ständig! Durch bildgebende Verfahren ist mittlerweile nachweisbar, was wann wo neurophysiologisch aktiviert wird.
2. unsere Umwelt entwickelt sich immer mehr zu einem Erlebnisraum aus 2. Hand. Das virtuelle Netz verändert die Welt, die Kommunikation, die Beziehungen, sprich: die Menschen.
Nur: Wo kämen wir denn da hin, wenn wir das alles im Schulsystem berücksichtigen würden? Vielleicht zu zukunftsfähigen Innovationen?
Die Frist zum Einreichen von Vorschlägen zum Bürgerdialog bei der Kanzlerin ist ja leider abgelaufen, sonst sähe ich hier die Chance aus Deinem formidablen Destillat „wirkfähige individuell-kollaborative Konzepte zum fortwährenden Verstehen und Verändern der Welt„ zu generieren.
Wie ?
Ganz einfach!
Würden nämlich endlich die tausendfach beschriebenen Gebrauchsanleitungen zum Glücklichsein beherzigt, könnte lebenslanges Lernen auch in pädagogischen Institutionen wie Schulen und Universitäten gelingen- sogar föderalismusübergreifend von Flensburg bis München. Es erforderte lediglich einen Perspektivwechsel. Schule ist nicht die wissende Macht, sondern macht etwas, damit Menschen Zugänge zu Wissen ermöglicht werden.
Beschrieben z.B. in Burow, Positive Pädagogik, S. 144ff:
„das Kollegium … beschloss schrittweise den Abschied vom traditionellen Frontalunterricht hin zu offenen, selbstorganisierten Lehr-Lern-Formen. …Grundlagen einer .. Fortbildungsveranstaltung zum Selbstorganisierten Lernen (SOL) waren gemeinsam vereinbarte Eckpunkte wie: Schule als Lebensmittelpunkt, Begegnung auf Augenhöhe, emotional ansprechende Lernumgebung, Berücksichtigung neurowissenschaftlicher Erkenntnisse, Förderung eigenverantwortlicher Lernprozesse, Methodenvielfalt, Wertevermittlung und Vorbildwirkung. „
Es geht also!
Denn, wer möchte schon die gleichen Gedanken denken müssen wie seine Nachbarn, ständig ähnliche Speisen auf dieselbe Art und Weise zu sich nehmen? Würden wir dazu gezwungen, erzählte man uns, nur diese eine Lösung sei richtig und würden wir dabei auch noch beurteilt- ich bin mir sicher, wir wären sehr kreativ um diesen Zustand zu durchbrechen. – Nun, im herkömmlich segregierenden Unterricht erleiden viele Schüler durch anregungsarme Räume, frontale Ausrichtung, Methodenarmut und demotivierende krankmachende Bewertung genau diese Behandlung. Wollen sie sich dagegen wehren, sind werden sie als auffällig deklariert.
Zur Trilogie von Inkompatibilität, Inkompetenz und Inakzeptanz möchte ich noch die Ignoranz von Alltagstheorien hinzufügen.
Da sich jeder Mensch fortwährend – gemäß seiner körperlich-seelisch-kognitiven Entwicklung aufgrund seines historischen sowie soziokulturellen Hintergrundes – Konzepte über das Verstehen und Verändern der Welt erschafft, formuliert er Hypothesen über seine Wirklichkeit. Mit diesen subjektiven Alltagstheorien geht der Mensch durch die Welt und auch in Bildungseinrichtungen. Wendet man nun neue Methoden der Beteiligung im Unterricht an, so ist man oft erstaunt, wie viel einige SchülerInnen vom zukünftigen Lernstoff schon wissen. Manchmal sogar differenzierter als die Lehr-Kraft. Diese Ressourcen nicht zu nutzen wäre, pardon, ist pure Verschwendung von Lern- und Lebenszeit.
Es will mir nicht in meinen Kopf, warum an alten überholten Strukturen festgehalten wird. Es ist wie mit löchrigen Eimern Wasser zu schöpfen. Ich verstehe nicht, warum die Quintessenz der Konzepte von Schulen, die den deutschen Schulpreis gewonnen haben, nicht als Pflichtlektüre für die Kultusministerkonferenz eingeführt wird. Dort gibt es quasi eine Handlungsanleitung für gute Bildung- nachhaltige Bildung- vielfältige Bildung- gelingende Bildung.
Ich brauch dafür wohl Nachhilfe!
Oder ich wandere aus nach Österreich, dessen Bildungsministerin den Mittelschulen den Auftrag gab sich zu schöpferischen lernanregenden Räumen zu entwickeln und was durch neuartige Methoden flächendeckend gelang durch einen Prozess mit dem Subtitel:
„Niemand lernt so wie ich“
Lieber @ciffi,
mit diesem Text über individuelles Lernen ist es Dir meiner Meinung nach gelungen sowohl die ungerechten Verhältnisse als auch die essentiellen Verhaltensherausforderungen des deutschen Schulsystems zu beschreiben-
und zwar sehr differenziert, fundiert UND in leicht verständlicher Bildersprache.
Herzlichen Glückwunsch! Das hast Du einigen PädagogInnen voraus!
Du berücksichtigst nämlich folgendes:
1. Lernen ist immer individuell. Zwar natürlich auch kollaborativ, denn wir sind soziale Wesen und so auch angelegt, dennoch konstruiert sich jeder Mensch aus seinen Eindrücken seine Hypothesen über die Welt. Ständig! Durch bildgebende Verfahren ist mittlerweile nachweisbar, was wann wo neurophysiologisch aktiviert wird.
2. unsere Umwelt entwickelt sich immer mehr zu einem Erlebnisraum aus 2. Hand. Das virtuelle Netz verändert die Welt, die Kommunikation, die Beziehungen, sprich: die Menschen.
Nur: Wo kämen wir denn da hin, wenn wir das alles im Schulsystem berücksichtigen würden? Vielleicht zu zukunftsfähigen Innovationen?
Die Frist zum Einreichen von Vorschlägen zum Bürgerdialog bei der Kanzlerin ist ja leider abgelaufen, sonst sähe ich hier die Chance aus Deinem formidablen Destillat „wirkfähige individuell-kollaborative Konzepte zum fortwährenden Verstehen und Verändern der Welt„ zu generieren.
Wie ?
Ganz einfach!
Würden nämlich endlich die tausendfach beschriebenen Gebrauchsanleitungen zum Glücklichsein beherzigt, könnte lebenslanges Lernen auch in pädagogischen Institutionen wie Schulen und Universitäten gelingen- sogar föderalismusübergreifend von Flensburg bis München. Es erforderte lediglich einen Perspektivwechsel. Schule ist nicht die wissende Macht, sondern macht etwas, damit Menschen Zugänge zu Wissen ermöglicht werden.
Beschrieben z.B. in Burow, Positive Pädagogik, S. 144ff:
„das Kollegium … beschloss schrittweise den Abschied vom traditionellen Frontalunterricht hin zu offenen, selbstorganisierten Lehr-Lern-Formen. …Grundlagen einer .. Fortbildungsveranstaltung zum Selbstorganisierten Lernen (SOL) waren gemeinsam vereinbarte Eckpunkte wie: Schule als Lebensmittelpunkt, Begegnung auf Augenhöhe, emotional ansprechende Lernumgebung, Berücksichtigung neurowissenschaftlicher Erkenntnisse, Förderung eigenverantwortlicher Lernprozesse, Methodenvielfalt, Wertevermittlung und Vorbildwirkung. „
Es geht also!
Denn, wer möchte schon die gleichen Gedanken denken müssen wie seine Nachbarn, ständig ähnliche Speisen auf dieselbe Art und Weise zu sich nehmen? Würden wir dazu gezwungen, erzählte man uns, nur diese eine Lösung sei richtig und würden wir dabei auch noch beurteilt- ich bin mir sicher, wir wären sehr kreativ um diesen Zustand zu durchbrechen. – Nun, im herkömmlich segregierenden Unterricht erleiden viele Schüler durch anregungsarme Räume, frontale Ausrichtung, Methodenarmut und demotivierende krankmachende Bewertung genau diese Behandlung. Wollen sie sich dagegen wehren, sind werden sie als auffällig deklariert.
Zur Trilogie von Inkompatibilität, Inkompetenz und Inakzeptanz möchte ich noch die Ignoranz von Alltagstheorien hinzufügen.
Da sich jeder Mensch fortwährend – gemäß seiner körperlich-seelisch-kognitiven Entwicklung aufgrund seines historischen sowie soziokulturellen Hintergrundes – Konzepte über das Verstehen und Verändern der Welt erschafft, formuliert er Hypothesen über seine Wirklichkeit. Mit diesen subjektiven Alltagstheorien geht der Mensch durch die Welt und auch in Bildungseinrichtungen. Wendet man nun neue Methoden der Beteiligung im Unterricht an, so ist man oft erstaunt, wie viel einige SchülerInnen vom zukünftigen Lernstoff schon wissen. Manchmal sogar differenzierter als die Lehr-Kraft. Diese Ressourcen nicht zu nutzen wäre, pardon, ist pure Verschwendung von Lern- und Lebenszeit.
Es will mir nicht in meinen Kopf, warum an alten überholten Strukturen festgehalten wird. Es ist wie mit löchrigen Eimern Wasser zu schöpfen. Ich verstehe nicht, warum die Quintessenz der Konzepte von Schulen, die den deutschen Schulpreis gewonnen haben, nicht als Pflichtlektüre für die Kultusministerkonferenz eingeführt wird. Dort gibt es quasi eine Handlungsanleitung für gute Bildung- nachhaltige Bildung- vielfältige Bildung- gelingende Bildung.
Ich brauch dafür wohl Nachhilfe!
Oder ich wandere aus nach Österreich, dessen Bildungsministerin den Mittelschulen den Auftrag gab sich zu schöpferischen lernanregenden Räumen zu entwickeln und was durch neuartige Methoden flächendeckend gelang durch einen Prozess mit dem Subtitel:
„Niemand lernt so wie ich“
von @BritSyl
Hat dies auf teaching knowledge and creativity rebloggt.