Oder: Warum der Hochschulpakt zu einem kleinen Länderfinanzausgleich geworden ist

Drei Thesen und eine Anmerkung zur halben Aufhebung des Kooperationsverbots und dem moralischen Bankrott der Kultuspolitik durch Sylvia Löhrmann, Brunhild Kurth und Johanna Wanka 
  1. Ja, wir brauchen dringend ein KooperationsGEBOT. Genauer brauchen es die Hochschulen und Schulen. Nirgendwo sonst auf der Welt wird es dem Zentralstaat so rigide untersagt, etwas für das Wohl der SchülerInnen und StudentInnen zu tun. Berlin darf an die Bundesländer bisher kein Bildungsgeld überweisen.

Für die Hochschulen ist die Zusammenarbeit aber wichtig, weil 2,7 Millionen Studierende – es gab niemals mehr in Deutschland, und das ist gut so! – versorgt werden müssen: Mit Studienplätzen, Bibliotheken, Mensen, Wohnheimen und auch mit Bafög.

Kirchenmausländer werden Kulturhoheit nicht gerecht

Für die Schulen wäre eine gute Kooperation zwischen Bund und Ländern fast noch wichtiger. Es geht um Inklusion, Ganztagsschulen und Sozialarbeit. Das alles können sich die Länder nicht leisten, auf keinen Fall packen es die arme Kirchenmausländer wie Saarland oder Bremen oder Mecklenburg-Vorpommer oder Sachsen-Anhalt.

Wir sprechen nicht über fromme Wünsche, sondern über juristische und soziale Pflichtaufgaben. Das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Handikaps ist nicht ins Belieben der Länder gestellt – es ist ein subjektives Recht der Kinder und ihrer Eltern. Vor allem aber ist Inklusion ein ratifizierter völkerrechtlicher Vertrag. Und dass es Ganztagsschulen und Sozialarbeiter braucht, das  muss man im Moment niemandem erklären. 

Kooperation mit Hochschulen ist nur halber Schritt

  1. Ein halber Schritt ist seit heute vormittag getan, als der Bundesrat die Aufhebung des Kooperationsverbots für die Hochschulen beschloss. Der Bund kann nun dauerhaft mit Ländern, also Hochschulen kooperieren, d.h. er kann z.B. Dauerstellen für Professoren, „Lecturer“ (das sind Lehrdozenten, früher akademische Räte) mit-bezahlen. Das war gestern noch nicht möglich. Für die Schulen bleibt die Zusammenarbeit weiter verboten – und das bis auf unabsehbare Zeit.
  1. Ärgerlich ist, dass der erste halbe Schritt für die Hochschulen nun nicht nach vorne, sondern zur Seite geht. An den Unis und Fachhochschulen herrscht Not – aber ganz schnell, bevor das Kooperationsverbot für die Hochschulen aufgehoben wurde, hat Bundesbildungsministerin Johanna Wanka den Ländern 10 Milliarden für den „Hochschulpakt 3“ quasi geschenkt. Das bedeutet: Sie hat die Milliarden ohne Einfluss weg gegeben. Die Länder werden die Bundeszuschüsse nun so kreativ verwenden, wie sie es immer getan haben: Für Hochschulen – oder halt für Schulden, Straßen und neue Staatssekretäre. Man kann es praktisch nicht überprüfen, was die Länder mit dem Geld anstellen. Die klebrigen Finger der Länderfinanzminister haben längst nach den Zuschüssen gefasst.

Dass bedeutet: Die Bildungsrepublik hat die Möglichkeit, die mit der Aufhebung des Kooperationsverbots bestanden hätte, nicht genutzt.

Bleibt die Frage: Wieso machen Bund und Länder so etwas Irrationales? Immerhin ist ihnen die Zukunft der Schulen und Hochschulen ja wichtig. Ich glaube, dass die Bildungszuschüsse des Bundes für die Länder inzwischen so etwas wie ein kleiner Länderfinanzausgleich geworden sind. Sie benutzen das Geld, um für die Einführung der Schuldenbremse vorzubauen. Aber dafür ist das Bildungsgeld des Bundes definitiv nicht da.