Die Bundesregierung will fünf Milliarden Euro für die Digitalisierung der Schulen bereitstellen
Das ist eine Hausnummer! Fünf Milliarden Euro will Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) den Schulen der Länder für die Digitalisierung zur Verfügung stellen. Das Programm heißt „DigitalPaktD“ und soll am Mittwoch vorgestellt werden. update 11.10. 14:30 Uhr: Auszüge aus dem Papier, das Johanna Wanka präsentiert, sehen Sie hier im Post eingestellt. (DigitalPakt#D)
Endlich ist es soweit, der schlafende Analogriese Deutschland bewegt sich, möchte man sagen. Nach Jahren des Wartens und Debattierens über bottom up oder top down, nach Ankündigungen durch Edelgard Bulmahn (Kennt die noch jemand? Das war im Jahr 2000 und sollte bis 2006 fertig sein ;-)) und Annette Schavan (das war 2009, sie hat sich in den Vatikan zurückgezogen) sollen die Milliarden für die Digitalisierung der Schulen fließen.
Was wäre der sinnvollste Weg, die Digital-Milliarden lerner&lehrergerecht in die Schulen zu holen?
Schon beim ersten flüchtigen Hinsehen tun sich viele Wenn und Aber auf. Alle 40.000 Schulen (außer den Förderschulen) bekommen Breitbandanbindung, WLan und „Computer“, so die BILD. Im Gegenzug für die Milliardengabe müssten die Länder, „digitale Bildung realisieren“.

Es klingt wie eine Vorlage für das EduCamp in Hattingen, wo sich die Community ohnehin den Kopf zerbricht über Makerspaces, OER usw usf. Auch auf Twitter begannen Lehrer2.0 u.a. sofort zu rechnen. Fünf Milliarden wären heruntergerechnet 125.000 Euro pro Schule. Aber wie wird das Geld genau verteilt? Wird es an „irgendwelche IT-beratungs-großfirmen“ gehen? (Martin Lindner) Oder bekommen es „die Leute vor Ort“, welche die Informationstechnik plus Fortbildung klug und adäquat in den Schulen ausrollen? (Maik Riecken) Die SPD-Expertin für das Thema runzelte sogleich die Stirn und wollte wissen, wo diese fünf Milliarden denn im Haushalt versteckt seien? (Saskia Esken)

Update 9.10. 15:30 Uhr: Hamburgs Schulsenator Ties Rabe war richtig beleidigt: Gutes Zeichen, liess er erklären. Aber „die SPD hat 9 Mrd. Euro für den Ausbau der digitalen Bildung angekündigt… Wir erwarten, dass nach vielen Ankündigungen jetzt auch konkrete Finanzplanungen erfolgen, damit nicht am Ende heiße Luft übrig bleibt.“ Bei der Gelegenheit enttarnte er sich als Sprecher der rot-grün Kultusminister. Das ist ja echt Wahlkampf! (Siehe auch update 18 Uhr unten)
@martinlindner Wahrscheinlich Consulter und Systemhäuser. Wir hätten gerne die Leute vor Ort am Tisch. Steuern in der Region für die Region.
— Maik Riecken (@mccab99) October 9, 2016
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Fragen über Fragen also, die den Schweiß der Edlen wert sind, weiter bearbeitet zu werden:
- Reicht das Geld überhaupt aus?
- Soll man erst die Kabel legen? Oder vorher die Tablets/Laptops anschaffen? Oder erst mal den Lehrern die Tafel wegnehmen und sie weiterbilden?
- Ist das vielleicht ein Wahlkampftrick? Wanka > WLan > Wahlen
- Was ist der richtige Weg, die Datenautobahnen und auch die zugehörigen Endgeräte an die Schulen zu bringen?
- Hat Wanka Schulen vielleicht mit „Informationstechnik verwechselt? (Denn der Artikel 91c des Grundgesetzes, nach dem sie die Mittel an die Länder transferieren will, hat mit Bildung erstmal nix zu tun, sondern heißt Zusammenarbeit in der Informationstechnik).
- Ist das ganze vielleicht eine Geldspritze für die Telekom? (Ihr gelänge es wohl mühelos, die fünf Milliarden für Breitband zu verbuddeln, ohne dass ein einziges Tablet für Schüler übrig bleibt.)
- Ist es eigentlich fair, fünf Milliarden für Digitales auszugeben – und die Förderschulen, die Inklusion, die Sozialarbeit und die Willkommensklassen leer ausgehen zu lassen?
Wenn Ihr wollt, kommentiert das hier auf meinem Blog. Oder schreibt Eure Blogs für eine Blogparade voll. Was tun mit den Digital-Milliarden für die Schulen?
Ach so, bis wann? Na, bis Mittwoch, wenn die Wanka ihre Vorschläge für die Milliarden unters Volk bringt. cifbureau // web // de

wahres Zeugs erzählt. Das Dokument, auf das sich Rabe und Esken beziehen, ist dieses hier: „Unsere Schulen von morgen: Gerechter, moderner, leistungsfähiger“. Was in diesem Papier steht, ist alles prima und toll – und reinstes Wunschkonzert. Es geht um neun Milliarden Euro, das ist das einzige, was in Ties Rabes Einordnung stimmt. Aber:
- geht es um ein umfassendes bauliches und technologisches Reformprogramm für Schulsanierung, Ganztagsschulen, Sozialarbeit an den Schulen usw. und an Stelle sechs und sieben dann auch um Digitalisierung
- ist das von den Zahlen her völlig substanzlos: Wer weiß, dass allein die Sanierung der Schulen auf 34 Milliarden Euro an Kosten taxiert werden, der ahnt, wie viel für Digitalisierung übrig bleibt: wenig.
- Die Sozialdemokraten schreiben selber, dass das alles irgendwie nur geht, wenn die Verfassung geändert wird.
Es ist ja löblich, dass das mal wieder jemand sagt. Aber gleichzeitig müsste man dem treuherzigen Leser dann wohl auch erklären: Wie, genauer: mit wem will man denn die Verfassung ändern, um dieses rot-(rot-)grüne Luftschloss zu errichten? Mit Grünen und Linken wird das jedenfalls nicht gelingen.
- Das wirklich Peinliche an dem Programm der SPD und Ties Rabes Worten aber ist, dass es – ich glaube – elf amtierende rot-grüne Bildungsminister gibt. Diese aber sind in keiner Weise bereit, das Geld, was sie für 2017 versprechen schon mal an den wichtigsten Stellen im Jahr 2016 auszugeben.
Was bedeutet das?
Johanna Wankas Milliarden für die Digitalisierung sind Wahlkampf, weil sie ihr – auslaufendes – Amt als Bildungsministerin missbraucht, um etwas zu versprechen für eine Zeit, für die sie nicht gewählt ist.
Die SPD-Milliarden für alles mögliche an den Schulen sind unglaubwürdiger Wahlkampf, weil die rechtlichen Möglichkeiten nicht da sind und weil der Wunschzettel unterfinanziert ist. Das Programm, das sie aufgeschrieben haben, kostet rund 50 Milliarden Euro. Da ist blöd, wenn man nur neun dafür bereitstellen will.
Darüber brauchen Sie sich nun keine Gedanken mehr zu machen. Ich habe gelesen, dass diese Milliarden nicht mehr im Haushalt stehen. Wurden wohl für die Rüstung gebraucht? 😦