Oder: Gelingt es zwei sterbenden Kartellen die kollaborative Zukunft des neuen Lernens zu sabotieren.

Auf diese Kurzformel ließe sich wohl die Aktion von Kultusministerkonferenz und dem Verband der Schulbuchverlage bringen. Sie haben in einem Vertrag nicht etwa vereinbart, wie die Zukunft des Lernens aussehen kann. Sie haben auch nicht darüber räsonniert, welche Rolle der Wechsel vom Gutenbergschen Leitmedium Holz zum fluiden und kollaborativen social Media-Pool Netz spielt. Nein, das schulpolitische Kartell der KMK hat dem ökonomischen Kartell der Schulbuchverlage das Recht eingeräumt, die Computer in Schulen zu scannen und darauf zu überprüfen, ob da wohl jemand was verbotenes gemacht hat. Schleierfahndung im Klassenzimmer.

Der Staat erteilt einem Wirtschaftsverband das Recht, die Bürger zu filzen. Das sind Karlsbader Beschlüsse reloaded: Fürst Metternich macht sich auf, mit der guten alten Ritter-Lanze das World Wide Web zu erstechen. pisaversteher nennt das: Stochern im Nebel.

Kein Witz: die da oben können nicht mehr

Aber das ist ja kein Witz. Die da oben können nicht mehr. Sie sind mit ihrem Latein am Ende, und sie wissen noch nicht mal, dass es kein Latein mehr gibt, keine Lehrpläne, keine Vorgaben von oben, sondern eine unkontrollierbare, weit verzweigte Möglichkeit der Kooperation und des Erkenntnisgewinnens durch Partner, die manche Kollaborateure noch gar nicht kennen. Die KMK und die Schulbuchverlage sind allerdings keine machtlosen Spieler. Sie haben einen Vertrag geschlossen, und kein noch so hypermoderner Bloggerlehrer kann sich wehren, wenn der Spionagewurm sich demnächst durch seinen Apfel frisst und alles mögliche ausspäht. Hallo, wer einen so grässlich mittelalterlichen Zensurvertrag schließt wird nicht erwarten, dass irgendjemand ihm das Vertrauen schenkt, hier werde nur nach Copyrightsverletzungen von Schulbuchtiteln gesucht.

Positive Kollaboration gegen Zensur

Gegen solchen Plumpaquatsch hilft nur eins. Wenn die da oben nicht mehr wollen und können außer, mit dem Internet-Schlagstock herumzufuchteln, dann müssen die da unten ihre Energien bündeln. Und zwar ihre positiven Energien, ihr ganzes Know How. Die Kraft von Bürgerbewegungen stammte schon immer aus der Abwehr von Überwachung und Gewalt – und sie zog ihre besten Erfolge daraus, dass sie dem geneigten Publikum zeigte, wie es denn besser geht. Es steht zu befürchten, dass weder KMK noch Schulbuchverlage wissen, wie es denn weiter gehen soll. Wahrscheinlich haben sie ihren Spionagewurm noch gar nicht fertig. (Weiß der Himmel, wo sie den in Auftrag geben!) Dass sie keinen Begriff von neuem Lernen haben, brauchte die KMK nicht beweisen – das weiß man, wenn man ihrem Präsidenten „Dr.“ Bernd Althusmann eine Sekunde auf den Doktortitel guckt und ihm weitere fünf Sekunden zuhört. Außer verbieten bringt er nicht viel zustande. Wie weit die Schulbuchverlage wirklich sind, wird man sehen. Immerhin basteln sie seit Jahren daran, dass ihr an der Klippe stehendes Haus des Wissens nicht vom nächsten Online-Tsunami mitgerissen wird.

Bildungsrevolution gegen Dr. Pfeiffer

Die schnell lernende, gut vernetzte Community von modernen Lehrern, Twitter-Teachern und e-Publizisten hingegen bastelt seit langem an neuen „Unterrichts“-formen, sie kann mit den Geräten genau wie mit den sozialen Medien und den kollaborativen Plattformen umgehen. Sie weiß, dass das Klassenzimmer, der Lehrplan, das Schulbuch und der Lehrer aus der Feuerzangenbowle wichtige Formate des Lernens WAREN, aber dass sie zum Aussterben verdammt sind. Und dieses Sterben beginnt nicht morgen, sondern es hat schon lange angefangen: Als eine Bildungsrevolution gegen Dr. Pfeiffer und seinen vergilbten Kanon, getrieben von Pisadesaster, Lehrerschwund und online-Tsunami.

Die Lernen2.0-Community hat eigentlich nur einen ernst zu nehmenden Gegner: Ihre eigene Besserwisserei. Aber gegen die kann man ja was tun 😉