Der Missbrauchsbeauftragte Johannes Wilhelm Rörig darf die Aufklärung der grünen pädosexuellen Verstrickungen und des „Hausmeister“-Programms des Senats nicht diesen Institutionen selbst überlassen. Die für 2016 geplante Unabhängige Kommission muss früher starten

Foto: Cover des Kentler-Buches, in dem der Sexualpädagoge es als "sehr positiv beurteilt, wenn die sexuelle Beziehung als eine wechselseitige Liebe zu charakterisieren ist und wenn sie über längere Zeiträume dauert." Die sexuelle Beziehung des Leihväter-Programms des Berliner Senats, bei dem obdachlose Jugendliche in die Hände pädophil orientierter Hausmeister gegeben wurden.

update 1/6/15: Die Senatsverwaltung will ihre „historische“ Schuld auf arbeiten lassen. Sowohl die Schulsenatorin als auch die CDU kündigten an, die Aufklärung vorantreiben zu wollen.

In den letzten Tagen ist aus Berlin wieder so einiges an pädosexuellen Verstrickungen bekannt geworden. Aber sowohl die grüne „Aufklärung“ der mutmaßlich 1000 Opfer bei der Alternativen Liste in den 1980er/90er Jahren als auch die Untersuchung des Pädophile-Hausmeister-Skandals des Senats dümpeln seit Jahren vor sich hin. Was die Öffentlichkeit erfährt, bestimmen nach wie vor Funktionäre, die den Ruf ihrer Partei weißwaschen wollen.

Ein Beispiel: Wäre an der Odenwaldschule der selbe Täterbegriff angewendet worden, wie ihn die Grünen in ihrem gerade vorgestellten Missbrauchs-Bericht anlegen, dann wären die beiden Haupttäter Gerold Becker und Wolfgang Held nicht als solche identifiziert worden.

Die Grünen nennen nur jene Personen Täter, die bereits strafrechtlich verurteilt worden sind. Daher können sie öffentlich von zwei, statt von zehn bis zwölf Tätern sprechen. „Wir maßen uns nicht an, Täter zu definieren“, sagte Parteichef Daniel Wesener bei der Vorstellung des Missbrauchs-Berichts der Berliner Grünen vorvergangene Woche. Dieser strafrechtliche Täterbegriff ist prinzipiell korrekt – aber in Missbrauchs-Berichten wird er gerade nicht angewendet. Denn die haben ja eine andere Aufgabe: sie sollen ein tatsächlich relevantes Bild über die Täterorganisation abgeben. Dort werden also alle Täter gezählt, die von Betroffenen plausibel als solche benannt werden. Das ist ja die Aufgabe eines Berichts: er soll Taten aufklären, Strukturen offenlegen, Täter nennen – und Opfern helfen.

In Großbritannien hat man mit mehreren unabhängigen „Savile“-Kommissionen gute Erfahrungen gemacht. Unabhängige Ermittler legten binnen weniger Monate das Ausmaß der Sexuellen Gewalt des Radio-Moderators und Sir Jimmy Savile gegen Jugendliche, Kinder, Behinderte und Leichen (!) offen. Sie veröffentlichten Dokumente, die jedermann einsehen kann. Hierzulande kann eine Organisation ihrer Opferzahlen willkürlich als „reine Spekulation“ widerrufen, die den Opfern nicht helfe. So bei den Grünen geschehen. Mit einem unabhängigen offiziellen Bericht wäre so etwas nicht mehr möglich.

„Die Zahl bringt den Opfern nichts, sie verdeckt nur den Blick auf ihre Geschichten.“

Grünenvorsitzende Bettina Jarasch über die von einem Kommissionsmitglied ursprünglich errechnete und genannte Zahl der Opfer der Pädosexuellen in der Alternativen Liste Berlin.

Es wird also Zeit, in Deutschland davon zu lernen – und Tatorte und Täterorganisationen unabhängig untersuchen zu lassen. Der Missbrauchsbeauftragte will sich eine Unabhängige Aufarbeitungskommission einrichten lassen. Das muss schneller gehen. Die „Aufklärung“ des Grünen und gesellschaftlichen Missbrauchsortes Alternative Liste und Kreuzberg darf nicht in einer dilettantisch arbeitenden Partei-Kommission überlassen bleiben. Welches Format die Kommission bekommen wird und wer über Untersuchungen befindet, ist noch nicht ganz klar. Siehe den Diskurs darüber

Manches wusste man schon – wie die von Welt und Morgenpost frisch aufgebrühte Geschichte vom Pädo-Hausmeister-Projekt unter Helmut Kentler. Die taz-Kolleginnen Nina Apin und Astrid Geisler hatten die Geschichte 2013 schon einmal gründlich aufgeschrieben, (Langversion hier) Zartbitter hatte es 1994 erwähnt und, nicht zu vergessen, steht es in dem Buch Leihväter von Kentler* aus dem Jahr 1989 (!). Lesen Sie weiter auf >>> die revolution missbraucht ihre kinder