Anmerkungen zum Weltlehrertag

[die am 5.10. im Deutschlandradio Kultur liefen; unten auch via Soundcloud]

„Die Digitalisierung ist mit den Smartphones der Schüler längst in den Klassenzimmern angekommen – wird aber dort noch nicht aktiv bearbeitet.“ (Füller)

„Muss man sich aber bestimmte Sachen nicht einbimsen?“ (von Billerbeck)

0) Was muss ein Lehrer können?

Seine Fächer beherrschen, ein guter Didaktiker sein, technisch (d.h. digital) beschlagen sein und mit Menschen gut umgehen können (d.h. auch freundlich-kritisch mit doofen Eltern)

1) Noch nie waren LehrerInnen so wichtig wie heute!

Seit dem Pisa-Gau von 2001 haben Lehrer einen grossartigen Job gemacht. Deutschland ist im Pisaranking aufgestiegen, d.h. die Schulen sind wirklich besser geworden. Das ist das Verdienst der Lehrer.

Auch die Struktur des Schulbesuchs hat sich geändert: Hauptschulen sterben aus. Es gibt heute viel mehr integrierende Schulen und eine regelrechte Explosion von Abituren. Das heisst: heute muss jeder Lehrer – auch im Gymnasium – mit heterogenen Gruppen umgehen können.

„Wir wollen gar nicht zurück in die 50er Jahre.“ 

Zugleich gibt es enorm fordernde (nervige) Eltern, die keine Geduld mehr haben. Das ist anstrengend – aber es verändert die Haltung von Lehrern.

2) Der Lehrerberuf steht mitten in einer Revolution

Die Digitalisierung wird Schule auf den Kopf stellen. Wenn 9 von 10 Schülern das Internet in der Hosentasche dabei haben, kann man nicht mehr wie Lehrer Lämpel unterrichten. Beispiel „flipped classroom“ oder umgedrehtes Klassenzimmer: Dabei stellt der Lehrer Lehrvideos für JEDE STUNDE UNTERRICHT her. Die Schüler schauen diese Videos zuhause – und der Unterricht wird danach viel individueller [Ergänzung 6/10: weil der Lehrervortrag nicht mehr in der Stunde liegt, sondern vorausgesetzt wird.]

Was bedeutet das? Der Lehrerjob verändert sich vollkommen: mehr technologisches Wissen, andere Vorbereitung und anderer „Unterricht“, völlig neue Lehrerrolle – und die Schüler werden viel selbständiger. [Ergänzung 6/10: Sie müssen viel selbständiger werden, und das klappt manchmal sehr gut und manchmal auch nicht. In intrinsisch orientierten Schulen, also bei Lernkonzepten, die eigenaktive Schüler voraussetzen, kann man nicht mehr Lehrer erwarten, die Schüler dauernd antreiben. Die Zensurenpeitsche entfällt.] 

3) Die Öffnung des Lehrerberufs ist eine Chance (wenn man diejenigen, die es nicht drauf haben, schnell wieder los wird)

Es fehlen Zehntausende Lehrer – in Berufsschulen und Flüchtlingsklassen. Jetzt und heute. Das ist eine Chance, weil das festgefügte Laufbahnmodell dadurch (endlich) geknackt wird. Es kommen andere Talente in die Lehrerzimmer.

Aber: Lehrer ist eben ein AusbildungsStudienberuf, d.h. nicht jeder kann das! Und der muss dann auch wieder gehen. Das heisst, man muss kündigen können, und das wiederum heisst: der Beamtenstatus für den Lehrerberuf ist damit passé.