Es ist nicht das erste Treffen von Aktivisten digitaler Bildung, das heute im Kanzleramt stattfindet. Aber die Zusammensetzung ändert sich grad: nicht mehr nur Startups und EdTechs tragen bei Angela Merkel vor, sondern auch echte Lehrer.

Der ganze Beitrag erschien im Tagesspiegel Background Digitalisierung. Das Gespräch mit Merkel kann man hier sehen, heute (27.4.21) um 17:30 Uhr.

„Du Kai, grad hat das Kanzleramt angerufen“, sagte die Schulsekretärin zu Kai Schmidt, dem Schulleiter der Oberschule Uelsen. „Die rufen gleich nochmal an.“ Schmidt haut nichts so leicht aus den Schuhen, aber das war eine Überraschung.

Diesmal sind auch andere Leute dabei: zwei echte LehrerInnen, Verena Knoblauch von einer Nürnberger Grundschule und eben Kai Schmidt; die wohl wichtigste Forscherin für digitale Bildung, Birgit Eickelmann von der Uni Paderborn; die Präsidentin der ersten deutschen Distanzstudieneinrichtung, Ada Pellert von der FernUni Hagen; sowie Stephan Bayer, der eines der ältesten und erfolgreichsten Bildungsstartups gegründet hat: Sofatutor, das es seit über 10 Jahren gibt. Bayer ist ein Makler zwischen den Bildungswelten: er versteht, im Gegensatz zu vielen in der Digitalszene, ziemlich viel von alter Schule – aber genausoviel von neuem Lernen, Startups und Disruption.

Verena Knoblauch ist bei dem Gespräch dabei. Und sie lädt ihre Kolleg:innen ein, sich zu öffnen: „Wir erwarten von unseren Schülerinnen und Schüler die Bereitschaft und Offenheit, sich auch mit neuen Themen auseinander zu setzen. Aber auch wir Lehrkräfte müssen bereit sein, diese ausgetretenen Pfade zu verlassen. Mit Stillstand, Angst und Passivität können wir den Herausforderungen der Digitalisierung und auch allen anderen Herausforderungen nicht begegnen.“

Das Problem: die Schulminister

Das Problem des virtuellen Treffens im Kanzleramt: die Schulminister der Länder. Sie sind nicht dabei. Die wichtigsten Fragen aber berühren ihre Kulturhoheit. Aber es gibt ein Thema, das Angela Merkel aufgreifen könnte. Morgen sollen im Kabinett zwei Milliarden Euro gegen Lernlücken beschlossen werden – und der Online-Nachhilfe-Anbieter „GoStudent“ hat ein Bündnis von Startups geschmiedet, die sofort mit Online-Nachhilfe anfangen könnten. Dazu gehören Simpleclub und Sdui. Stephan Bayer etwa vom größten deutschen Lernvideodienst „Sofatutor“ mahnte die Länder, „bitte jetzt nicht Nachhilfe und Fernunterricht neu zu erfinden“. Es gebe längst fertige Konzepte und Anbieter, die Schülern sofort helfen könnten, ihre Defizite aufzuholen. „Ich sage, Kultusminister, bitte organisiert endlich Förderunterricht und Nachhilfe – und wartet nicht ab, bis endlich Sommerferien sind“.

Auch die traditionellen Nachhilfeanbieter „Studienkreis“ und „Schülerhilfe“ könnten Lernlücken schließen helfen. „Wir haben die Räume, wir haben die Lehrer – und von uns aus, kann es sofort losgehen“, sagt Lorenz Haase von der Schülerhilfe. „Und wir können online.“ Auch die Präsenzschulen haben längst auf digitale Angebote umgerüstet.

Auf deutsch: Bayer, Haase, Ohswald und die anderen wollen einen Teil der zwei Milliarden Euro. Darüber könnte man mit Merkel reden – wenn man es denn anspricht.